Bist Du Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Bist Du Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Mütter mit einer an Magersucht erkrankten Tochter fühlen sich durch die Essstörung extrem belastet. Wie die Tochter ist auch die Mutter ununterbrochen mit der Essstörung beschäftigt. Sie lässt ihre Tochter nicht aus den Augen. Sie beobachtet und kontrolliert sie auf Schritt und Tritt. Sie nimmt jede kleinste Veränderung wahr und reagiert prompt darauf. Das Leben mit der Magersucht ist sehr, sehr anstrengend und nervenaufreibend. All das, was die Erkrankung mit sich bringt, wird in den „normalen“ Alltag und das Familienleben integriert. Meist ist es ein schleichender Prozess des Beobachtens und Hineinfühlens bis die Bombe durch die Diagnosestellung explodiert. Die gesicherte Diagnose der Anorexia nervosa lässt diesen Prozess Fahrt aufnehmen und katapultiert die vorher noch zweifelnde Mutter mittenrein ins Geschehen der Essstörung.

Ich wollte Teil der Lösung sein

Ich selbst kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie es bei mir damals war. Mit der gesicherten Diagnose bin ich tief im Geschehen der Magersucht aufgeschlagen, obwohl ich im Vorhinein all die Anzeichen wahrgenommen und gespürt hatte. Es traf mich dennoch unvorbereitet und wie aus heiterem Himmel tief in meinem Herzen. Der Schmerz war nicht auszuhalten und bohrte sich immer tiefer in mich hinein. Ich war damals der Meinung, dass ich die Person war, die sie maßgeblich auf ihrem Weg der Heilung begleiten und unterstützen könnte. Ich dachte, dass ich sie am besten verstehen würde. Ich bin doch ihre Mutter. Wir hatten immer eine sehr gute, vertrauensvolle Beziehung. So dauerte unser gemeinsamer Weg durch die Magersucht   6 lange Jahre bis ich erkennen durfte, dass ich nicht der Teil der Lösung , also der Teil zur Heilung war, sondern das Gegenteil. Ich war Teil ihres Problems. Und zwar ein maßgeblicher Teil. Ich durfte erkennen, dass der Ursprung der Magersucht in mir zu finden war. Dass meine persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse aus meiner eigenen Kindheit dazu geführt haben, dass sie an Anorexia nervosa erkranken konnte. Dieses Wissen hat mir einen tiefen Stich versetzt. Ich habe doch 6 Jahre lang geglaubt, dass nur ich sie vertrauensvoll begleiten könnte. Habe ich mich so täuschen können? Ja, das konnte ich. Ich habe es nicht besser gewusst. Es hat mir niemand so deutlich erklärt. Es hat mich niemand an die Hand genommen. Es gab niemanden, der mich begleitet hat um mir die Augen zu öffnen. Nachdem ich jedoch erkannt hatte, dass ich Teil des Problems bin habe ich alles dafür tun wollen um all die hinderlichen Dinge in mir aufzulösen.

Ich hatte eine glückliche Kindheit

Anfangs konnte ich gar nicht verstehen, was es in mir an hinderlichen Dingen geben könnte, die es aufzulösen gäbe. Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit. Meine Eltern waren sehr liebevoll und aufmerksam. Es fehlte mir an nichts. Doch als es dann im Rahmen eines Coachings tiefer ging, erkannte ich genau die Themen, die ich auflösen durfte, damit sie mich und unsere Tochter nicht weiter belasten konnten. Ich arbeitete mutig und ließ immer mehr von dem los, was mich mein Leben lang belastet hatte. Ich ahnte nicht, welche Erfahrungen aus meiner Kindheit und Jugend dazu geführt haben, dass ich immense Selbstzweifel in mir trug. Ich wusste auch nicht, dass ich große Angst vor Ablehnung und fehlender Anerkennung hatte. Ich wusste auch nicht, warum ich so viel gearbeitet hatte. All diese großen Themen, die sich für mich normal angefühlt haben, habe ich unbewusst an unser Kind weitergegeben. All das hatte sie auch in sich. Doch sie konnte es nicht mehr kompensieren, so wie ich. Sie hatte keine Kraft und Energie mehr. Sie flüchtete sich in die Magersucht. So schmerzhaft all diese Erkenntnisse auch waren, sie haben mich erkennen lassen, dass ich am Ende doch Teil der Lösung bzw. Heilung sein kann.

Ich war doch Teil der Lösung

Nachdem ich einige Zeit an mir gearbeitet hatte, spürte ich ein immer klareres und tieferes Vertrauen in mir wachsen. Es entstand eine Art innere Ruhe. Eine Ruhe, die es mir erlaubte unsere Tochter „loszulassen“. Ich konnte sie machen lassen ohne, dass ich eine Meinung oder einen Widerstand fühlte. Ich musste sie nicht mehr beobachten oder gar kontrollieren. Mein Fokus rückte automatisch in eine andere Richtung. In meine Richtung. Ich erkannte, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht wusste, wer ich eigentlich bin und was ich vom Leben möchte. All diese Wünsche und Träume aus Kindertagen sind im Laufe meines Lebens auf der Strecke geblieben. Oder sie wurden mir ausgeredet. Diese innere Ruhe erlaubte mir, dass ich mich neu ausrichten konnte und einen anderen Lebensweg beschreiten durfte.
Nach einiger Zeit der Selbsterkenntnis und meiner eigenen Heilung erkannte ich Veränderungen an unserer Tochter. Anfangs kleine Abweichungen von der täglichen Routine, die sich im Laufe der Zeit zu großen Veränderungen entwickelten. Mentale Stabilität konnte wachsen. Das Lachen und die Liebe zum Leben kehrten zurück. Sie lernte sich selbst immer mehr kennen, um dann dem Ruf ihres Herzens folgen zu können. Es entstanden neue Freundschaften und Möglichkeiten sich selbst zu erfahren und auszuprobieren. Es gab auch Tage, die nicht so gut liefen, doch mit allen neuen Erfahrungen konnte sie auch diese meistern.


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Herzlichst
Michaela

 

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