4 Schritte zu einem leichten Umgang mit Deiner an Magersucht erkrankten Tochter!


Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als es meiner Tochter sehr, sehr schlecht ging. Sie steckte tief in der Magersucht fest. Sie war sozusagen darin gefangen. Die Krankheit streckte ihre langen Arme aus und hielt sie fest. In ihrem Gedankenmuster und in ihren Emotionen. Sie sorgte dafür, dass ihre Gedanken und Emotionen sich fortwährend ums Essen und um Kalorien, Körpergewicht und Bewegung drehten. Ein entrinnen war nicht möglich, stattdessen sog sie mich in ihre dunkle Wolke hinein und ließ auch mich nicht mehr frei. So übernahm ich ganz unbewusst diese negative Schwingung und kämpfte Tag für Tag dagegen an. Immer auf der Hut und immer bereit für eine günstige Möglichkeit diesem Drama entfliehen zu können. Je länger es dauerte um so mehr kämpfte ich innerlich dagegen an. Umso mehr lehnte ich unsere Situation ab und umso mehr versuchte ich einzugreifen. Ich bin mir sicher, dass Du genau weißt wovon ich hier gerade rede und ich bin mir auch sehr sicher, dass Du dieses Drama sehr gut kennst. Wahrscheinlich möchtest Du auch entfliehen, doch Dir fehlen die Möglichkeiten. Deshalb habe ich heute die wichtigsten 4 Schritte für eine neue innere Freiheit im Umgang mit Deiner an Magersucht erkrankten Tochter für Dich zusammengetragen.  Wenn Du diese 4 Schritte anwendest wirst Du eine andere Sichtweise auf Eure Situation, auf Dein Kind und die Erkrankung annehmen können. Du wirst Dich aus den Zwängen befreien können und wieder Leichtigkeit in Dir empfinden können.

1. Schritt: Nimm Deine Tochter so an wie sie ist!


Nimm Deine Tochter so an wie sie ist, mit all ihren Anteilen. Den gesunden und den erkrankten. Sieh sie als den Menschen, der sie ist. Ein Mädchen, eine junge Frau mit all ihren Talenten und Fähigkeiten. Mit ihren ganz individuellen Begabungen und Werten. Sieh ihre Charakterzüge, die Dir so bekannt sind. Sieh all ihre Stärken und Schwächen. All das, was Dir so viel Freude gemacht hat ist immer noch in ihr. All diese liebenswerten Eigenschaften, all ihre Liebe und Güte, ihr Witz, ihre Träume und ihre Intelligenz. All das ist immer noch da. Schau richtig hin. Tief in ihr ist ein verletzliches Wesen versteckt, dass unter all den Anforderungen und dem Druck eine Möglichkeit für sich gefunden hat damit umzugehen. Sie hatte keine andere Wahl. Sie musste irgend etwas finden um zu kompensieren. Sie wollte Dich nicht enttäuschen. Sie kämpft auf ihre eigene Weise. Schau sie an und nimm sie so an wie sie ist. Sie kann Dir gerade kein anderes Bild von sich zeigen. Doch sie würde sicher sehr dankbar und erleichtert sein, wenn Du es genauso sehen würdest. Einfach nur sehen, wahrnehmen und annehmen.

2. Schritt: Überlass es ihr selbst, ob und wann sie heilen möchte!


Lass sie unbedingt selbst entscheiden ob und wann sie ihren Heilungsweg antritt. Sie hat bereits genug Druck und Zwang in sich. Alles was ihr jemand anderes auferlegt, macht es ihr nur noch schwerer. Ohne ein eigenes selbstbestimmtes Ja zur Heilung wird es nicht gelingen. Jedes Zureden, erklären und vorantreiben verstärkt die Symptomatik und bewirkt das Gegenteil. Jeder Vorschlag zu einer neuen Therapie, jeder Ratschlag und jede Einmischung lassen neues Leid entstehen. Nur wenn sie ihre Krankheit für sich angenommen hat wird es möglich sein, dass sie gehen kann. Doch dazu ist ein tiefes, warmes Ja aus dem Herzen notwendig. Manchmal kann es schnell gehen und manchmal braucht es Zeit. Sei Dir jedoch gewiss, dass der richtige Zeitpunkt kommen wird. Alles braucht seine Zeit. Auch die Entscheidung wirklich heilen zu wollen. Sei nicht ungeduldig und gib ihr die Zeit, die sie braucht. Sie wird es Dir danken.

3. Schritt: Sieh in Ihr Deine Lehrerin!


Betrachte Deine Tochter als Deine Lehrerin. Sie will Dich durch ihre Krankheit auf etwas aufmerksam machen. Sie sendet Signale, die Du vorher nicht wahrgenommen hast. Du hast immer gedacht, dass Du Deiner Tochter die Welt erklären musst, dass Du sie erziehen musst und sie in eine gewisse Richtung lenken musst. Du hast ihr Deine Sicht auf die Dinge vermittelt und wolltest ihr damit das Leben erleichtern. Seitdem Du sie geboren hast, hattest Du Erwartungen an sie. Wahrscheinlich total unbewusst, doch Du hast es ausgestrahlt. Niemand kann die Erwartungen eines anderen Menschen erfüllen. Wir sind alle individuell und Deine Erwartungen sind durch Deine Geschichte und Deine Erfahrungen entstanden. Deine Tochter muss ihre eigenen Erfahrungen machen. Auch wenn sie dabei auf die Nase fällt. Sie muss ihre eigenen Erkenntnisse haben um sich frei und selbstbestimmt entwickeln zu können. Deshalb betrachte sie als Deine Lehrerin, die Dir zeigt welche Erfahrungen sie machen möchte. Die Dir zeigt, dass sie selbstbestimmt durchs Leben gehen möchte…….und trotzdem Anerkennung und Liebe bekommt. Respektiere ihre Wünsche und halte es aus, wenn sie nicht Deinen Erwartungen entsprechen. Sei aufmerksam und nimm die Signale wahr. Schau hin und erkenne in ihr Deine Erwartungen und lass diese los.

4. Schritt: Lass alle Erwartungen und Vorstellungen los!


Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir Mütter ganz genaue Vorstellungen davon haben, wie die Recovery ablaufen soll. Welche Schritte gegangen und welche Hilfen in Anspruch genommen werden sollen. Wir werden ungeduldig und ungerecht, weil wir etwas tun müssen. Denken wir!
Doch unser Kind kann nur selbstbestimmt und frei heilen, wenn wir es frei lassen. Deshalb lass alle Erwartungen und Vorstellungen gehen. Begib Dich auf einen Weg, der mit Vertrauen und Liebe gepflastert ist. Löse Dich vom Endergebnis und lass Dich auf eine großartige Reise ein, die mehr und mehr zu eurer gemeinsamen Reise werden kann. Doch nicht als Einheit, sondern als eine Art Reisebegleitung. Vielleicht entfernt ihr Euch auf dieser Reise voneinander, vielleicht findet ihr wieder zueinander. Vielleicht wird es zeitweilig beschwerlich. Ihr tragt beide viel Gepäck mit euch herum. Doch wenn ihr Euch unabhängig voneinander darauf einlasst, wird Euer Reisegepäck immer kleiner und leichter werden. Und eines Tages wirst Du erkennen, dass es eine wunderbare Reise war. Denn ohne diese Reise hättet ihr nie zu euch finden können. Beide nicht!

Von Herzen Danke, dass Du diesen Artikel gelesen hast. Vielleicht hast Du Fragen, die Dich selbst betreffen oder meine Arbeit. Vielleicht brauchst Du Unterstützung bei der Umsetzung.  Du kannst mich über das Kontaktformular oder die Kommentarfunktion anschreiben oder meine Kanäle auf Social Media nutzen. Ich freue mich über jede Nachricht.


Herzlichst
Michaela
                                               

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Kommentare

Ich freue mich auf eure Kommentare, eigene Erfahrungen und eventuelle Fragen!

Kommentar von Christina

Liebe Michaela!
Ich möchte mich sehr herzlich für deine tollen Artikel bedanken. Immer wieder habe ich das Gefühl, als würdest du von mir und über mich schreiben! Ich finde es sehr faszinierend, dass wir betroffenen Mütter scheinbar trotz aller unterschiedlichen Geschichten ähnlich zu ticken scheinen. In schwierigen Momenten lese ich immer wieder Beiträge von dir nach - manche kann ich schon fast auswendig. Ich freue mich schon auf den nächsten!

Antwort von Michaela Pukrop

Von Herzen DANKE für Dein Feedback. Ich freu mich sehr darüber, dass Du meine Beiträge so gerne liest und sie Dir weiterhelfen. Es ist wirklich so, dass alle betroffenen Mütter ähnliche Herausforderungen haben und tatsächlich sehr, sehr ähnlich "ticken". Und das ist es auch, was mir immer wieder bestätigt, dass Mutter und Tochter sich bedingen.....und heilen können.

 

Kommentar von Nina Sollich

Wahnsinnig toll…danke.

Antwort von Michaela Pukrop

Von Herzen gerne.

 

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